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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Dezember 2012


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Keine Sperrfristverletzung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens

2.

Brennpunkt - Facebook im Arbeitsrecht

3.

Betriebsrat kann als Gremium zivilrechtlich rechtsfähig sein

4.

Leiharbeit und Kettenbefristungen im Konzern zulässig

5.

Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

6.

Bedrohung eines Vorgesetzten ist fristloser Kündigungsgrund

7.

Eltern können Kosten für 2-sprachigen Kindergarten abziehen

8.

Kfz-Nutzung: Ist die 1 %-Methode verfassungsgemäß?

9.

Neues zur Geschäftsveräußerung im Ganzen

10.

Elterngeld bei Freistellung und vollem Gehalt des Elternteils

11.

Keine getrennte Veranlagung von Ehegatten mehr ab 2013

12.

Treppenlift als außergewöhnliche Belastung

13.

Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei gemeinsamem Wirtschaften

14.

Steuerneutrale Generationennachfolge bei Personengesellschaften

15.

Regelmäßige Gewinne beim Poker müssen versteuert werden

16.

Rentenbeiträge sinken zum 1.1.2013 auf 18,9 %

17.

Keine Kündigung eines alkoholkranken AN trotz Rückfällen

18.

Volles Elterngeld trotz privater Dienstwagennutzung

19.

Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V

20.

Schadensersatz bei Vollziehung eines falschen Steuerbescheids?



1. Keine Sperrfristverletzung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens

Kernproblem
Für die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft enthält das Einkommensteuergesetz eine günstige Regelung: Der Vorgang ist steuerneutral, soweit die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Die Steuerneutralität entfällt aber rückwirkend, wenn das Wirtschaftsgut anschließend innerhalb einer 3-jährigen Sperrfrist veräußert wird. Keine Sperrfrist ist zu beachten, wenn bei der ursprünglichen Übertragung eine negative Ergänzungsbilanz für den übertragenden Gesellschafter gebildet wurde. Ob die Ausnahmeregelung auch im Fall der Einmann-GmbH & Co. KG gilt, war nunmehr finanzgerichtlich zu klären.

Sachverhalt
Der 100 %ige Kommanditist einer GmbH & Co. KG überließ dieser ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück zur betrieblichen Nutzung. Das Grundstück war somit unstreitig als Sonderbetriebsvermögen zu qualifizieren. Im Streitjahr 2007 übertrug er dieses Grundstück unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen der KG. Bereits ein Jahr später veräußerte die KG das Grundstück entgeltlich an einen Dritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellte die Veräußerung eine Sperrfristverletzung für die ein Jahr zuvor erfolgte Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen dar. Dem widersprach der Steuerpflichtige mit dem Argument, dass eine Sperrfristwirkung überhaupt nicht bestehe, da er in 2007 eine negative Ergänzungsbilanz bei der KG aufgestellt habe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren reichte er sodann Klage beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf ein.

Entscheidung
Die Richter stimmten der Auffassung des Steuerpflichtigen zu. Der Gesetzeswortlaut stelle ausdrücklich klar, dass eine Sperrfristwirkung nicht bestehe, wenn bei der ursprünglichen Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft eine negative Ergänzungsbilanz aufgestellt wurde. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sei dem Gesetz keine (Rück-)Ausnahme zu entnehmen, wonach dies für den Fall einer Einmann-GmbH & Co. KG nicht gelte.

Konsequenz
Dem für den Steuerpflichtigen günstigen Urteil ist zuzustimmen. Zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtsfrage wurde allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

2. Brennpunkt - Facebook im Arbeitsrecht

Kernfrage
Soziale Netzwerke sind aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Allerdings stellen diese Netzwerke keinen rechtfreien Raum dar. Beleidigungen und ehrverletzende Äußerungen in sozialen Netzwerken sind schnell geschrieben, wirken aber nach. Gerade im Arbeitsrecht stellen solche Äußerungen zunehmend den Ausgangspunkt für Rechtsstreiten dar, die in der Regel darüber geführt werden, ob Äußerungen bei Facebook zur Kündigung führen können. 2 jüngere, nur Tage auseinanderliegende Entscheidungen des Arbeitsgerichts Duisburg einerseits und des Landesarbeitsgerichts Hamm andererseits zeigen, wie unterschiedlich die Gericht mit Facebook umgehen bzw. wie unklar die Rahmenbedingungen noch sind.

Sachverhalte
In dem vom Arbeitsgericht Duisburg zu entscheidenden Fall wurde der Kläger, der eine Vielzahl von Kollegen als Facebook-Freunde hatte, von Kollegen beim Arbeitgeber zu Unrecht denunziert. Diese Kollegen bezeichnete er auf seiner Facebook-Seite ohne namentliche Nennung als "Speckrollen" und "Klugscheißer". Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. In dem beim Landesarbeitsgericht Hamm anhängigen Fall trug ein 26jähriger Auszubildender in einem Medienunternehmen auf seinem Facebook-Profil unter der Rubrik "Arbeitgeber" Folgendes ein: "Menschenschinder und Ausbeuter, Leibeigener Bochum, dämliche Scheiße für Mindestlohn -20 %". Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis fristlos.

Entscheidungen
Das Arbeitsgericht Duisburg hielt die Kündigung im ersten Fall für unwirksam. Zur Begründung führte es an, die Beleidigungen "Speckrolle" und "Klugscheißer" seien im Affekt vor dem Hintergrund der falschen Denunziation erfolgt. Zudem habe der Kläger keinen Kollegen namentlich genannt. Das Landesarbeitsgericht Hamm hielt die fristlose Kündigung des Auszubildenden im zweiten Fall auch ohne vorherige Abmahnung für zulässig. Da die Äußerungen einer Vielzahl von Personen im Internet zugänglich gewesen seien, habe der Kläger nicht davon ausgehen dürfen, dass diese keine Auswirkungen auf das Ausbildungsverhältnis haben würden. Auch die Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses stünden einer fristlosen Kündigung nicht entgegen, da der 26jährige Kläger seine Äußerungen ausreichend hätte reflektieren können.

Konsequenz
Die Entscheidungen zeigen, wie unterschiedlich die Rechtsprechung noch mit sozialen Netzwerken umgeht. Fest steht insoweit lediglich, dass Äußerungen in solchen Netzwerken über Äußerungen im Kollegenkreis hinaus gehen, weil sie einer Vielzahl von außenstehenden Personen zugänglich sind. Deshalb sind grobe Beleidigungen auch geeignet, Kündigungen - auch fristlose - zu rechtfertigen.

3. Betriebsrat kann als Gremium zivilrechtlich rechtsfähig sein

Kernfrage
Im Arbeitsrecht ist der Betriebsrat als Gremium im Verhältnis zum Arbeitgeber rechts- und vermögensfähig. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Betriebsrat als solcher Partei arbeitsgerichtlicher Verfahren sein kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob und inwieweit diese Rechtsfähigkeit auch für das Zivilrecht gilt.

Sachverhalt
Der Betriebsrat, vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden hatte einen Beratervertrag abgeschlossen, das Beratungshonorar aber aufgrund verschiedener Einwendungen nicht gezahlt. Das Beratungsunternehmen verklagte darauf hin nicht nur die Betriebsratsmitglieder sondern auch den Betriebsrat als Gremium auf Zahlung. Das zuständige Oberlandesgericht wies die Klage, soweit sie gegen den Betriebsrat als Gremium gerichtet war, als unzulässig ab.

Entscheidung
Der BGH hob diese Entscheidung auf und urteilte, dass der Betriebsrat in entsprechender Anwendung der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Rechtsfähigkeit des Betriebsrates im Zivilrecht auch gegenüber Dritten, die außerhalb arbeitsrechtlicher Beziehungen stehen, rechtsfähig sein kann. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die zivilrechtlich getroffene Vereinbarung im Wirkungskreis des Betriebsrats liege. Allerdings gelte diese Rechtsfähigkeit nur in dem Umfang, wie der Betriebsrat seinerseits einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Freistellung von Beratungskosten habe. Dieser bestehe nur, soweit die Beratungsleistungen zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrates erforderlich und die Honorare marktüblich gewesen seien. Soweit diese Grenzen überschritten worden seien, sei der Beratungsvertrag unwirksam. In diesem Fall kann eine persönliche Haftung der den Betriebsrat bei Abschluss der Vertrags vertretenden Mitglieder aus den Regelungen über die Vertretung ohne Vertretungsmacht entstehen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass die Betriebsratstätigkeit nicht gänzlich ohne Haftungsrisiko ist. So bestimmen die Regelungen über den arbeitsrechtlichen Kostenbefreiungsanspruch des Betriebsrates gegenüber dem Arbeitgeber, inwieweit der Betriebsrat im Zivilrecht rechtsfähig und ein durch den Betriebsrat abgeschlossener Vertrag wirksam ist. Ab der Grenze der Unwirksamkeit beginnen dann die persönlichen Haftungsfragen der Betriebsratsmitglieder.

4. Leiharbeit und Kettenbefristungen im Konzern zulässig

Kernfrage
Die Regelungen zur Leiharbeit haben sich zum 29.4.2011 verschärft. So ist insbesondere die sogenannte dauerhafte Überlassung eines Arbeitnehmers des Entleihers an ein und dasselbe Unternehmen unzulässig. Parallel hatten sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) in diesem Jahr mit der Zulässigkeit der sogenannten Kettenbefristung, also die Aneinanderreihung einer Vielzahl befristeter Arbeitsverträge mit einem Arbeitgeber, beschäftigt. Sie hatten hier die Rahmenbedingungen abgesteckt, unter denen solche Kettenbefristungen zulässig sein können. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte nunmehr in einem Fall zu entscheiden, in dem beide Aspekte zusammentrafen.

Sachverhalt
Der Kläger war auf der Grundlage von insgesamt 10 befristeten Arbeitsverträgen über 7 Jahre hinweg bei einem konzerninternen Verleihunternehmen angestellt, das außer einem Geschäftsführer lediglich Arbeitnehmer zur Überlassung an andere Konzernunternehmen beschäftigte und keine eigene organisatorische Struktur besaß, sondern z. B. die Verwaltung von anderen Konzernunternehmen durchführen ließ. Dabei war der Kläger ausschließlich an andere Konzernunternehmen verliehen worden. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, er stehe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu dem Konzernunternehmen, an das er zuletzt verliehen war, weil sein eigentlicher Arbeitgeber nur eine Scheinleihe betreibe. Jedenfalls bestehe aber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Verleihunternehmen, weil die Kettenbefristung unzulässig gewesen sei.

Entscheidung
Das Gericht wies die Klage ab. Im Hinblick auf die "Scheinleihe" stellte es darauf ab, dass sich der Kläger elf Monate nach Inkrafttreten der Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hierauf noch nicht berufen könne. Insoweit fehle es noch an der dauerhaften Überlassung. Aber auch eine rechtsmissbräuchliche Überlassung liege nicht vor. Denn unabhängig davon, dass das Verleihunternehmen in den Konzernverbund eingebunden sei, verleihe es seine Arbeitnehmer an verschiedene (Konzern)Unternehmen, so dass ein Verleihgeschäft vorliege. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf eine unzulässige Kettenbefristung berufen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reiche alleine die Tatsache, dass es mehrere Befristungen über einen Zeitraum von 7 Jahre gegeben habe, nicht dafür aus, einen Rechtsmissbrauch anzunehmen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Haustarifvertrag Kettenbefristungen ermögliche.

Konsequenz
Das Urteil ist positiv, aber mit Vorsicht zu nehmen. Zwar kann aus dem Urteil gegebenenfalls geschlossen werden, dass die Rechtsprechung geneigt ist, insbesondere die konzernrechtlichen Privilegierungen der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung auch nach der gesetzlichen Neuregelung aufrecht zu erhalten. Allerdings wird sich dies endgültig erst dann zeigen, wenn sich auch Landesarbeitsgerichte bzw. das Bundesarbeitsgericht entsprechend äußern.

5. Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

Kernfrage
In Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer erbringen bis hin zu sogenannter "Kurzarbeit null" ihre Arbeitsleistung nur in eingeschränktem Umfang. Gleichzeitig erhalten sie nur ihr anteiliges Gehalt und Kurzarbeitergeld. Unabhängig davon bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert bestehen; auch der Urlaubsanspruch entsteht während der Kurzarbeit weiter. Streitig war aber, ob der arbeitsvertragliche Urlaubsanspruch entsprechend des Kurzarbeitsanteils gekürzt werden konnte. Denn parallel gilt der Grundsatz, dass der Urlaubsanspruch erhalten bleibt, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht nehmen können. Vor diesem Hintergrund hatte der Europäische Gerichtshof über folgende Vorlagefrage des Arbeitsgerichts Passau zu entscheiden: Steht das Unionsrecht nationalem Recht oder Gepflogenheiten in Form eines Sozialplans entgegen, nach denen sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Zeit, in denen sich das Unternehmen in der Krise befindet, im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringert?

Sachverhalt
Die Kläger waren beim Arbeitgeber in Kurzarbeit null beschäftigt; die Kläger brauchten nicht zu arbeiten, der Arbeitgeber zahlte keine Löhne. In einem Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat war vereinbart, dass sich der Urlaubsanspruch entsprechend der Arbeitszeitverkürzung verringert. Mit ihren Klagen machten die Kläger die Abgeltung des während der Kurzarbeit nicht genommenen Urlaubs geltend, weil sie ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht hätten nehmen können. Sie seien daher mit Arbeitnehmern vergleichbar, die krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen konnten. Diesen stünde eine Urlaubsabgeltung zu.

Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof urteilte zugunsten des Arbeitgebers und erachtete die Urlaubsverringerung als zulässig. Die Situation der Kurzarbeit sei nicht mit der eines erkrankten Arbeitnehmers vergleichbar. Vielmehr seien in Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer mit teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar, für die eine anteilige Kürzung arbeitsvertraglicher Ansprüche zulässig sei.

Konsequenz
Die Entscheidung gilt nicht nur für die Kurzarbeit null, sondern für alle Formen der Kurzarbeit. Bei Kurzarbeit können arbeitsvertragliche Ansprüche entsprechend der Arbeitszeitverkürzung ebenfalls gekürzt werden.

6. Bedrohung eines Vorgesetzten ist fristloser Kündigungsgrund

Kernfrage
Eine fristlose Kündigung langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist schwierig. In der Regel rechtfertigt die lange Betriebszugehörigkeit eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers mit der Folge, dass bei Bestehen eines Kündigungsgrundes lediglich eine Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist möglich ist. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hatte nunmehr darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzung eine Bedrohung dieses Kriterium erfüllt.

Sachverhalt
Der Kläger war 25 Jahre beim Arbeitgeber als Straßenbauer beschäftigt. Während der Arbeit bedrohte er, obwohl bereits einmal einschlägig abgemahnt, einen Vorgesetzten mit den Worten: "Ich hau Dir in die Fresse, ich nehme es in Kauf, gekündigt zu werden, der kriegt von mir eine Schönheitsoperation, wenn ich dann die Kündigung kriege, ist mir das egal." Darauf sprach der Arbeitgeber, eine Kommune, die fristlose Kündigung aus. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage.

Entscheidung
Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Die gegenüber dem Vorgesetzten ausgesprochene Bedrohung erfülle den strafrechtliche Tatbestand der Bedrohung. Eine (weitere) Abmahnung sei nicht mehr erforderlich gewesen; entscheidend sei die Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestands. Hinzu komme, dass der Kläger nicht habe beweisen können, zuvor massiv provoziert worden zu sein.

Konsequenz
Auch wenn es das Gericht durch die bereits bestehende einschlägige Abmahnung im konkreten Fall vergleichsweise einfach hatte, zeigt die Entscheidung, dass eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung weiterhin die Erfüllung eines Straftatbestands durch den Arbeitnehmer voraussetzt.

7. Eltern können Kosten für 2-sprachigen Kindergarten abziehen

Kernproblem
Kinderbetreuungskosten werden steuerlich mit bis zu 4.000 EUR je Kind gefördert und sind nicht (wie das Eltern sonst oft vom Finanzamt zu hören bekommen) mit dem Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag abgegolten. Ab dem Jahr 2012 ist die Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und privaten Betreuungskosten entfallen und ein Abzug nur noch als Sonderausgaben möglich. Schon immer Bestand hatte die Einschränkung, dass Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen nicht gefördert werden. In einem Verwaltungserlass nennt die Finanzverwaltung Schulgeld, Nachhilfe oder Fremdsprachenunterricht als negative Beispiele. Werden Kinder in einem mehrsprachig geführten Kindergarten betreut, kann es schon einmal Abgrenzungsprobleme geben.

Sachverhalt
Eltern ließen ihre Kinder in einem städtischen Kindergarten betreuen, der neben deutschen Erzieherinnen auch französische Sprachassistentinnen beschäftigte. Die Methodik sah vor, dass die Erzieherinnen mit den Kindern ausschließlich deutsch, die Sprachassistentinnen ausschließlich (ohne Lehrplan) französisch sprachen. In Planung, Durchführung und Auswertung der pädagogischen Aufgaben arbeiteten die Erzieherinnen und Sprachassistentinnen partnerschaftlich und gleichberechtigt zusammen. Während die Erzieherinnen bei der Stadt angestellt waren, wurden die Sprachassistentinnen von einem Verein zur Förderung der französischen Sprache und Kultur gestellt, an den die Eltern eine gesonderte Vergütung zahlten. Mit Begründung auf die Nichtabziehbarkeit von Unterrichtskosten versagte das Finanzamt den Abzug der an den Verein geleisteten Aufwendungen.

Entscheidung
Wie das Finanzgericht entschied auch der Bundesfinanzhof zugunsten der Eltern. Der Begriff der Kinderbetreuung sei weit zu verstehen und umfasse nicht nur die behütende und beaufsichtigende Betreuung, sondern auch die pädagogisch sinnvolle Gestaltung der in Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen verbrachten Zeit. Der Bildungsauftrag dieser Einrichtungen hindere den vollständigen Abzug der von den Eltern geleisteten Beiträge und Gebühren grundsätzlich nicht. Etwas anders gelte dann, wenn die Dienstleistungen in einem regelmäßig organisatorisch, zeitlich und räumlich verselbständigten Rahmen stattfänden und die vom Leistungserbringer während der Unterrichtszeit ausgeübte Aufsicht über das Kind und damit die behütende Betreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen Fähigkeiten als dem Hauptzweck der Dienstleistung in den Hintergrund rücke.

Konsequenz
Die bilinguale Kita liegt voll im Trend und kann mit Steuervorteilen für die Eltern werben (zumindest solange es "unorganisiert und ohne Konzept" zugeht).

8. Kfz-Nutzung: Ist die 1 %-Methode verfassungsgemäß?

Rechtslage
Die private Nutzung betrieblicher Kfz sowohl durch Arbeitnehmer als auch durch die Unternehmer selbst unterliegt der Ertrags- und Umsatzbesteuerung. Zur Ermittlung der auf die private Nutzung entfallenden Steuern wird regelmäßig die 1 %-Methode eingesetzt. Diese zieht als Bemessungsgrundlage den Bruttolistenpreis heran. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die 1 %-Methode wiederholt als zulässige Pauschalierung qualifiziert, auch dann, wenn sie definitiv zu einer Überbesteuerung führt. Der BFH begründete dies mit dem Hinweis, dass Unternehmen die Fahrtenbuchmethode als Alternative zur 1 %-Methode zur Verfügung stehe. Mittlerweile ist aber wieder Bewegung in die Sache gekommen.

Sachverhalt
Das Finanzgericht Niedersachsen hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob die Besteuerung nach der 1 %-Methode noch verfassungsgemäß ist. Der Kläger wandte sich gegen den Ansatz des Bruttolistenpreises, da dieser bei Kauf eines Kfz nicht die Regel, sondern aufgrund der branchenüblichen Rabatte, die Ausnahme darstelle.

Entscheidung
Die Richter wiesen die Klage ab, ließen jedoch die Revision beim BFH zu, die mittlerweile anhängig ist.

Konsequenzen
Es ist aktuell zu prüfen, ob aufgrund des anhängigen Verfahrens Einspruch gegen die Besteuerung der Kfz-Nutzung auf Basis der 1 %-Methode eingelegt werden soll. Die Erfolgsaussichten des Verfahrens sind angesichts der bisherigen Rechtsprechung des BFH allerdings fraglich. Dem steht gegenüber, dass die 1 %-Methode häufig zu einer Überbesteuerung führt, so dass sich ein Verfahren lohnen würde. Wer sich nicht auf das Verfahren verlassen will, muss weiterhin ein Fahrtenbuch führen. Da dies jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden ist und häufig schon bei kleinen Mängeln durch die Finanzverwaltung verworfen wird, greift die Praxis selten hierauf zurück.

9. Neues zur Geschäftsveräußerung im Ganzen

Kernaussage
Wird ein Betrieb bzw. ein Teilbetrieb im Ganzen übertragen, so wird dies als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) behandelt.

Rechtslage
Nach Ansicht der Finanzverwaltung setzte die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übertragen werden. Für den Bundesfinanzhof (BFH) war hingegen entscheidend, dass die übertragenen Vermögensgegenstände wirtschaftlich eine Fortführung des Betriebes ermöglichen. Die Finanzverwaltung ließ daher auch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen zu, wenn das Betriebsgrundstück nicht auf den Erwerber übertragen, sondern langfristig (z. B. 8 Jahre) an den Erwerber vermietet wurde. In Anlehnung an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der BFH nun seine Auffassung geändert. Demnach steht auch ein unbefristet abgeschlossener Mietvertrag einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht entgegen, auch wenn dieser kurzfristig kündbar ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun die Rechtsprechung des BFH übernommen.

Konsequenzen
Das BMF wendet die Rechtsprechung in allen offenen Fällen an. Für Übertragungen vor dem 1.1.2013 wird es allerdings nicht beanstandet, wenn die beteiligten Unternehmen bei Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen unbefristeter Miet- und Pachtverträge davon ausgehen, dass keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt. Zu beachten ist, dass zwar die Möglichkeit einer kurzfristigen Kündigung nicht gegen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen spricht, die tatsächliche kurzfristige Kündigung durch den Erwerber in der Regel hingegen schon. Denn unverändert ist Voraussetzung für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, dass der Erwerber beabsichtigt, das Unternehmen fortzuführen und nicht kurzfristig abzuwickeln. Auch nach Änderung der Verwaltungsauffassung wird es unverändert schwierig bleiben, zu bestimmen, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt. Da eine Fehleinschätzung diesbezüglich sowohl für den Erwerber als auch für den Veräußerer erhebliche steuerliche Konsequenzen haben kann, sollte steuerlicher Rat bei Abschluss eines derartigen Vertrages eingeholt werden. Um Schäden zu vermeiden bietet es sich an, geeignete Umsatzsteuerklauseln in den Vertrag aufzunehmen.

10. Elterngeld bei Freistellung und vollem Gehalt des Elternteils

Kernaussage
Ein Elternteil, der während der Elternzeit von seinem Arbeitgeber freigestellt ist und weiterhin volles Gehalt bezieht, hat unter Umständen auch in dieser Zeit Anspruch auf den Elterngeld-Basisbetrag.

Sachverhalt
Die Klägerin schloss Ende 2009 mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.2010. Im Jahr 2010 war sie bei Fortzahlung des Gehalts von der Arbeit freigestellt. Anfang Juni 2010 wurde sie Mutter. Sie beantragte für den 2.-4. und 6.-14. Lebensmonat des Kindes Elterngeld. Die beklagte Stadt lehnte den Antrag für den 2.-4. und 6.-7. Lebensmonat ab, da die Klägerin in dieser Zeit ohne Arbeitsleistung über ihr volles Gehalt verfügt habe.

Entscheidung
Das Bundessozialgericht hat dazu entschieden, dass auch derjenige einen Anspruch auf Elterngeld hat, der aufgrund einer Freistellung von der Arbeitsleistung durch seinen Arbeitgeber einer Arbeit tatsächlich nicht nachgeht. Es kommt vielmehr auf die tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit an. Ob im vorliegenden Fall die Klägerin tatsächlich einen Anspruch auf den Elterngeld-Basisbetrag von 300,- EUR hat, konnte das Bundessozialgericht wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des Sozialgerichts noch nicht abschließend beurteilen.

Konsequenz
Auch bei einer Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Gehalts sollte ein Antrag auf Elterngeld gestellt werden.

11. Keine getrennte Veranlagung von Ehegatten mehr ab 2013

Kernproblem
Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entfallen die getrennte Veranlagung und die besondere Veranlagung im Jahr der Eheschließung. An die Stelle der getrennten Veranlagung tritt die Einzelveranlagung. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt a. M. hat hierzu auf signifikante Änderungen hingewiesen.

Die Änderungen im Einzelnen
Die Veranlagungsarten für Eheleute wurden von 7 auf nur noch 4 mögliche Veranlagungs- und Tarifvarianten reduziert. Nach Wegfall der getrennten Veranlagung und der besonderen Veranlagung verbleiben nur noch die Einzelveranlagung mit Grundtarif und (jeweils mit Splittingtarif) das "Sondersplitting" im Trennungsjahr, Witwensplitting sowie die Zusammenveranlagung. Ehegatten haben ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein Wahlrecht zwischen der Einzel- und der Zusammenveranlagung. Die Einzelveranlagung ersetzt die getrennte Veranlagung nach altem Recht und ermöglicht nicht mehr die steueroptimierende freie Zuordnung verschiedener Kosten. So werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen demjenigen zugerechnet, der sie wirtschaftlich getragen hat. Aus Vereinfachungsgründen ist bei übereinstimmendem Antrag der Ehegatten eine hälftige Zuordnung der Aufwendungen möglich. In begründeten Einzelfällen reicht der Antrag des Ehegatten aus, der den Aufwand getragenen aus. Die zumutbare Belastung beim Abzug außergewöhnlicher Belastungen bestimmt sich bei der Einzelveranlagung nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte des jeweiligen Ehegatten. Früher wurden die abzugsfähigen Aufwendungen bei getrennter Veranlagung nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten bemessen und anschließend aufgeteilt. Eine wesentliche Änderung ist verfahrensrechtlicher Natur: Die Ehegatten sind grundsätzlich an die Wahl der Veranlagungsform mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung gebunden. Die einmal getroffene Wahl kann nur geändert werden, wenn ein die Ehegatten betreffender Steuerbescheid aufgehoben, geändert oder berichtigt wird, die Änderung der Wahl der Veranlagung beim Finanzamt bis zum Eintritt der Bestandskraft des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids mitgeteilt wird und die Einkommensteuer der Ehegatten nach Änderung der Veranlagungsart zusammengerechnet niedriger ist.

Konsequenz
Die gesetzliche Einschränkung des Wechsels erfordert bereits bei Abgabe der Steuererklärung eine Günstigerprüfung durch die Ehegatten. Zurzeit ergeben sich noch einige Verfahrensfragen, die ungeklärt sind (z. B. Änderungsmöglichkeit durch Einspruch gegen Erstbescheid oder bei ungünstigerer Veranlagung im Erstbescheid, als zunächst angenommen, z. B. durch die Streichung von Werbungskosten).

12. Treppenlift als außergewöhnliche Belastung

Kernaussage
Bei der Investition in sogenannte medizinische Hilfsmittel im engeren Sinne ist zwingend vorher ein ärztliches Attest zu beschaffen.

Sachverhalt
Der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Klägerin war seit Sommer 2005 in seiner Fähigkeit, Treppen zu steigen schwer beeinträchtigt. Daher ließen die Eheleute in ihrem Haus einen Treppenlift einbauen. Die Kosten für den Treppenlift machten sie im Rahmen der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Hierzu verwiesen sie auf ein ärztliches Attest, das allerdings nach dem erfolgten Einbau ausgestellt war. Das Finanzamt versagte den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb im ersten Rechtszug ohne Erfolg. Die hiergegen gerichtete Revision führte zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster wies die Klage auch im zweiten Rechtsgang ab. Als außergewöhnliche Belastung können nur solche Aufwendungen geltend gemacht werden, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Daher sei bei medizinischen Hilfsmitteln grundsätzlich zwischen sogenannten Hilfsmitteln im engeren Sinne und solchen Hilfsmitteln zu differenzieren, die nicht nur von Kranken, sondern auch zur Steigerung des Lebensstandards von Gesunden erworben würden. Insoweit spreche insbesondere bei medizinischen Hilfsmitteln im engeren Sinne der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie aufgrund des krankheitsbedingten Zwangs gekauft werden. Dies gelte z. B. für Brillen und Hörgeräte. Demgegenüber stelle ein Treppenlift eine Investition dar, die auch der Bequemlichkeit halber getätigt werden könne. So könne ein Treppenlift auch den Lebensstandard derer erhöhen, die sich mit dem Treppensteigen schwer tun, gleichwohl hierzu noch imstande sind. Bei derartigen Hilfsmitteln im weiteren Sinne sei zum Nachweis der Zwangsläufigkeit des Aufwandes ein vor der Investition ausgestelltes Attest erforderlich. Über dieses Erfordernis könne ein später erstelltes Attest auch dann nicht hinweghelfen, wenn darin die schon bei Investition bestehende Notwendigkeit attestiert werde.

Konsequenz
Bei Hilfsmitteln, die auch von Gesunden genutzt werden können, ist zwingend vor Investition ein ärztliches Attest über die Notwendigkeit der Maßnahme einzuholen. Liegt ein solches Attest nicht vor, wird das Finanzamt die Ausgaben nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkennen.

13. Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei gemeinsamem Wirtschaften

Kernproblem
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird alleinstehenden Steuerpflichtigen gewährt, zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Nicht alleinstehend ist nach dem Einkommensteuergesetz, wer mit einer anderen volljährigen Person eine Haushaltsgemeinschaft bildet, es sei denn, dass diese Person selbst Kind im steuerlichen Sinne ist oder Grundwehr-/Zivildienst leistet. Bei Meldung der Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen wird eine Haushaltsgemeinschaft vermutet. Praktisch bedeutet das: Nicht nur ein Lebensgefährte, sondern auch Familienangehörige wie Oma, Opa oder ein erwachsenes Kind können zur Versagung des Entlastungsbetrags führen. Die gesetzliche Vermutung der Haushaltsgemeinschaft ist widerlegbar. Ob das dem Vater zweier volljähriger Söhne weiterhalf?

Sachverhalt
Der Vater lebte mit seinen 2 Söhnen zusammen, von denen sich einer in Berufsausbildung befand. Der andere Sohn übte eine Vollzeitbeschäftigung aus und bekundete im Streit über die Gewährung des Entlastungsbetrags schriftlich, dass er ohne jegliche wirtschaftliche Beteiligung im Haus seines Vaters wohne, keine Miete zahle und sich nicht an den sonstigen Kosten der Haushaltsführung beteilige. Zudem bestätigte er, den Vater auch nicht bei der Erfüllung der Aufgaben eines Alleinerziehenden zu unterstützen. Das Finanzgericht wies die Klage jedoch mit der Begründung zurück, dass die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt sei. So musste der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden.

Entscheidung
Der BFH hat trotz aller Bekundungen des Sohnes die Gewährung des Entlastungsbetrags abgelehnt. Der Gesetzeszweck stehe einer allein an den finanziellen Haushaltsbeiträgen ausgerichteten Auslegung des Begriffs der Haushaltsgemeinschaft entgegen, obwohl Teile der steuerrechtlichen Literatur oder das Bundessozialgericht ein "Wirtschaften aus einem Topf" voraussetzten. Dieser Auffassung folgten die Richter nicht, denn Synergieeffekte infolge des Zusammenlebens könnten auch in anderer Weise als durch Kostenbeiträge erzielt werden, z. B. durch die gemeinsame Erledigung der Hausarbeit, der Kinderbetreuung, der täglichen Einkäufe sowie der abwechselnden Anschaffung gemeinsam genutzter Gegenstände.

Konsequenz
An einer Haushaltsgemeinschaft fehlt es nach Auffassung des BFH grundsätzlich nur dann, wenn das volljährige Kind einen vollständig getrennten Haushalt führt oder wenn z. B. beim Zusammenleben mit einkommenslosen pflegebedürftigen Angehörigen jedwede Unterstützungsleistungen durch den Dritten ausgeschlossen erscheinen.

14. Steuerneutrale Generationennachfolge bei Personengesellschaften

Kernproblem
Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann seinen Mitunternehmeranteil steuerneutral auf ein Kind übertragen, wenn er neben dem Gesellschaftsanteil auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens mit überträgt. Ebenfalls steht es dem Gesellschafter frei, die Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens bei einer Personengesellschaft steuerneutral in das Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft zu übertragen. Streitig war bislang, ob die unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils auf die nachfolgende Generation auch dann steuerneutral möglich ist, wenn vorher bzw. zeitgleich wesentliche Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens ihrerseits steuerneutral übertragen wurden.

Sachverhalt
Der Vater war alleiniger Kommanditist einer Spedition in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gewesen und hatte der KG das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück, welches unzweifelhaft wesentliches Sonderbetriebsvermögen darstellte, vermietet. Im Oktober 2002 schenkte der Vater seiner Tochter zunächst 80 % seiner Anteile an der KG sowie die gesamten Anteile an der Komplementär-GmbH. Anschließend gründete der Vater eine zweite GmbH & Co. KG, auf die er dann im Dezember 2002 das Betriebsgrundstückstück übertrug. Zeitgleich wurden auch die restlichen KG-Anteile auf die Tochter übertragen. Nach Auffassung des Finanzamts konnte lediglich die Übertragung des Grundstücks steuerneutral erfolgen, nicht aber die Übertragungen an die Tochter. Hiergegen richtete sich die Klage der Spedition GmbH & Co. KG.

Entscheidung
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) sieht das Einkommensteuergesetz für alle vorgenommenen Übertragungen für sich genommen die Steuerneutralität vor. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung geht die Steuerneutralität auch nicht verloren, wenn mehrere Übertragungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommen werden. Die anderslautende Verwaltungsanweisung, wonach die Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögen in eine anderes Betriebsvermögen bewirke, dass der Gesellschaftsanteil mit dem evtl. noch verbliebenen weiteren Sonderbetriebsvermögen nicht mehr zum Buchwert übertragen werden könne, sei abzulehnen.

Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil des BFH ist überraschend, aus Sicht der Steuerpflichtigen jedoch zu begrüßen, öffnet es doch weitere Möglichkeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn die Übertragung des Sonderbetriebsvermögen selbst nicht steuerneutral möglich ist (z. B. durch Entnahme ins Privatvermögen) oder das Sonderbetriebsvermögen veräußert wird. Hier hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, ob eine steuerneutrale Übertragung des Mitunternehmeranteils möglich ist.

15. Regelmäßige Gewinne beim Poker müssen versteuert werden

Kernaussage
Gewinne aus Glücksspielen wie Lotterien oder Rennwetten sind in Deutschland grundsätzlich steuerfrei. Hierzu entschied das Kölner Finanzgericht Köln nun aktuell, dass die Gewinne eines erfolgreichen Pokerspielers aber durchaus der Einkommensteuer unterliegen können.

Sachverhalt
Ein Flugkapitän hatte seit vielen Jahren an Pokerturnieren teilgenommen und in den letzten Jahren Preisgelder im sechsstelligen Bereich erzielt. Diese hat das Finanzamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert mit dem Argument, Gewinne aus Pokerspielen seien nur bei einem Hobbyspieler steuerfrei. Betreibe ein Steuerpflichtiger das Pokerspiel dagegen berufsmäßig, so erziele er sowohl mit seinen Spielgewinnen als auch mit seinen Fernseh- und Werbegeldern steuerpflichtige Einkünfte. Im anschließenden Rechtsstreit stritten die Beteiligten insbesondere darum, ob beim Pokern das Glück oder das Geschick überwiegt. Das Finanzamt verglich das Pokerspiel mit einer sportlichen Auseinandersetzung, bei der derjenige mit den besten analytischen und psychologischen Fähigkeiten gewinne. Demgegenüber meinte der Pilot, jeder könne ein Pokerturnier gewinnen. Gerade die großen Turniere würden immer wieder von Anfängern gewonnen. Letztendlich entscheide das Kartenglück. Das Finanzgericht zeigte sich von den Argumenten des Piloten nicht überzeugt.

Entscheidung
Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, dass Gewinne eines Pokerspielers jedenfalls dann der Einkommensteuer unterliegen, wenn er regelmäßig über Jahre hinweg erfolgreich an namhaften, mit hohen Preisen dotierten Turnieren teilnimmt. Es komme für die Beurteilung der Steuerpflicht nicht darauf an, ob der Erfolg beim Pokerspiel für einen Durchschnittsspieler oder bezogen auf ein einzelnes Blatt auf Zufallsergebnissen beruhe. Maßgebend sei, ob der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit guten Erfolgsaussichten an renommierten Pokerturnieren teilnehmen könne und wiederholt Gewinne erziele.

Konsequenz
Poker ist also nicht nur eine Glücksspiel, es kommt auch auf Können an. Damit sieht es so aus, als wäre regelmäßiges Einstreichen von Preisgeldern bei Kartenspielturnieren zukünftig steuerpflichtig. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof (BFH), die Revision wurde zugelassen.

16. Rentenbeiträge sinken zum 1.1.2013 auf 18,9 %

Hintergrund
Im System der gesetzlichen Rentenversicherung ist eine so genannte Nachhaltigkeitsrücklage verankert. Diese Rücklage dient dazu, die Rentenansprüche zu sichern. Sinkt die Nachhaltigkeitsrücklage unter einen Wert von 0,2 % der Gesamtrentenansprüche eines Monats muss der Rentenbeitrag erhöht werden. Erreicht die Nachhaltigkeitsrücklage einen Wert von 1,5 % der Gesamtrentenansprüche eines Monats muss der Rentenbeitrag gesenkt werden.

Entscheidung
Aufgrund der derzeit guten wirtschaftlichen Entwicklung sind die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung gestiegen, so dass der Rentenbeitrag, der jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen wird, auf 18,9 % herabgesetzt wird. Damit korrespondiert eine Herabsetzung des Rentenbeitrages in der Knappschaftsversorgung auf 25,1 %. Nicht ausgesetzt sind gesetzlich vorgesehene Erhöhungen der Beitragsbemessungsgrenze.

17. Keine Kündigung eines alkoholkranken AN trotz Rückfällen

Kernfrage
Einem Arbeitnehmer, der trotz Verbots im Dienst Alkohol trinkt, kann gekündigt werden. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass er alkoholabhängig, also suchtkrank ist. Dann gelten die Regelungen über die Zulässigkeit krankheitsbedingter Kündigungen. Insbesondere können Therapien eine Kündigung unwirksam werden lassen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Kündigung gegenüber einem alkoholkranken Arbeitnehmer dann (wieder) wirksam sein kann, wenn dieser trotz Therapie wieder rückfällig wird.

Sachverhalt
Der Kläger war Elektriker. Nachdem seine Alkoholsucht bekannt wurde, schloss er mit dem Arbeitgeber eine Therapievereinbarung, in der er sich zu einer ambulanten Therapie verpflichtete. Ungeachtet dessen wurde der Kläger zweimal rückfällig. Nach dem zweiten Rückfall kündigte der Arbeitgeber und machte unter anderem geltend, dass das Risiko eines alkoholbedingten Unfalls angesichts der Tätigkeit des Klägers mit Strom für sich und andere Arbeitnehmer zu hoch sei.

Entscheidung
Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam, weil die Grundsätze für krankheitsbedingte Kündigungen auch bei bzw. nach fehlgeschlagener Therapie anwendbar bleiben. Danach konnte das Gericht offen lassen, ob die Rückfälle für sich genommen dazu führen, dass eine negative Gesundheitsprognose zu erwarten sei. Jedenfalls scheitere die krankheitsbedingte Kündigung daran, dass eine Beeinträchtigung des Betriebes nicht vorgelegen habe. Denn der Arbeitgeber konnte nichts dazu vortragen, dass es bei Abschluss der Therapievereinbarung oder danach zu einer tatsächlichen alkoholbedingten Gefährdung im Beruf gekommen war. Außerdem seien auch keine hohen Lohnfortzahlungskosten entstanden.

Konsequenz
Auch wenn man anerkennt, dass es das Bestreben ist, alkoholkranke Arbeitnehmer möglichst lange im Berufsleben zu lassen, hat die Entscheidung im Hinblick auf die Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit einen "Beigeschmack". Man kann die Entscheidung so verstehen, dass eine Kündigung erst dann möglich wird, wenn es alkoholbedingt zu einer echten Gefährdungslage für den Arbeitnehmer oder andere gekommen ist.

18. Volles Elterngeld trotz privater Dienstwagennutzung

Kernaussage
Arbeitnehmer, die während der Elternzeit nicht berufstätig sind und ihren Dienstwagen weiter nutzen dürfen, müssen keinen Abschlag vom Elterngeld in Kauf nehmen. Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens ist zwar als Einkommen einzustufen, jedoch nicht als solches aus einer ausgeübten Erwerbstätigkeit.

Sachverhalt
Die Kläger hatten Elterngeld beantragt. Hierbei wurde ihnen die vom Arbeitgeber gestattete private Nutzung des Dienstfahrzeugs außerhalb des Erwerbszeitraums als geldwerter Vorteil auf den Elterngeldanspruch angerechnet. Hiergegen gingen die Kläger vor dem Stuttgarter Sozialgericht vor und bekamen Recht.

Entscheidung
Der geldwerte Vorteil aus der Dienstwagennutzung für private Zwecke in dem Zeitraum, in dem keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, ist nach Auffassung des Sozialgerichts nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist eine Berücksichtigung angezeigt, wenn "die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt". Allein der tatsächliche Zufluss und damit die Erzielung von Einkommen genügten nicht, um dessen Anrechnung auf den Elterngeldanspruch zu begründen. Die Vorschrift verlangt vielmehr zusätzlich, dass das erzielte Einkommen gerade aus einer Erwerbstätigkeit stammt, die der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum ausgeübt hat. Auch die Gesetzesbegründung gehe erkennbar von dem Fall aus, dass der Elterngeldbezieher seine Erwerbstätigkeit reduziert hat und hieraus Einkommen erzielt. Im Hier bestand eine solche Deckungsgleichheit nicht. Das Entgelt bzw. die Gewährung geldwerter Vorteile ist nicht für denselben Zeitraum wie die Entgeltersatzleistung gezahlt worden, weil gerade für diesen Zeitraum ein entsprechender Entgeltanspruch besteht. Vielmehr beruhte die Fortgewährung der Nutzung des Dienstwagens zu privaten Zwecken in dem Zeitraum, in dem die Elterngeldberechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, auf einem Entgegenkommen des Arbeitgebers. Es war nicht ersichtlich, dass dies eine Vergütung für vergangene oder zukünftige Arbeitsleistungen darstellen sollte.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Grenzen der Anrechnung von Vorteilen auf Sozialleistungen auf: wird nach der Geburt des Kindes und während des Bezugs von Elterngeld Einkommen in Form von geldwerten Vorteilen (Dienstwagennutzung) erzielt, ohne dass tatsächlich eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, stellt dies kein Einkommen dar und ist nicht auf den Elterngeldanspruch anzurechnen.

19. Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V

Kernaussage
Auch Ausgleichszahlungen für die unterlassene Geltendmachung eines Wohnrechts können Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein.

Sachverhalt
Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrugen seine Eltern dem Kläger im Jahre 1983 ein Zweifamilienhaus. Der Kläger verpflichtete sich zur Bestellung eines lebenslangen dinglichen Wohnrechts zugunsten seiner Eltern. Nach dem Tod des Vaters gab die Mutter die bisherige eheliche Wohnung im Erdgeschoss des Zweifamilienhauses im Jahr 2001 auf. Der Kläger, der die beiden Wohnungen nunmehr vermieten wollte, verpflichtete sich privatschriftlich, die Miete der Mutter zu zahlen. Im Gegenzug verzichtete die Mutter auf die weitergehende Geltendmachung ihres Wohnrechts. Der Kläger zog in den Jahren 2001 bis 2006 die zugunsten der Mutter gezahlte Miete bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten ab. Das Finanzamt versagte den Abzug.

Entscheidung
Auf die hiergegen gerichtete Klage entschied das Finanzgericht Hessen, dass die Miete als Werbungskosten geltend zu machen sei. Damit gab das Gericht dem Kläger Recht. Zwar habe das beklagte Finanzamt zu Recht entschieden, dass die Zahlungen der Miete keine nachträglichen Anschaffungskosten hinsichtlich des Zweifamilienhauses darstellen. Hierfür habe es an der Befreiung von der dinglichen Belastung des Wohnrechts gefehlt. Allerdings seien die Mieten - entgegen der Auffassung des Finanzamtes - als Werbungskosten abzuziehen. Hierfür sei nicht erforderlich, dass das dinglich bestellte Nutzungsrecht durch notariellen Vertrag zwischen Kläger und seiner Mutter beseitigt werde. Vielmehr sei allein entscheidend, dass der Kläger sich durch den Vertrag mit seiner Mutter das Recht und die tatsächliche Möglichkeit erkauft habe, die im Erdgeschoss des Zweifamilienhauses belegene Wohnung zu vermieten. Die ihm aufgrund des Vertrages mit der Mutter nunmehr zustehende Dispositionsbefugnis über die Wohnung habe der Kläger zur Erzielung von Mieteinkünften genutzt. Mithin stünden die Mietzahlungen im erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit den Mieteinnahmen aus der Wohnung. Das beklagte Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird. Sollte das finanzgerichtliche Urteil Bestand haben, wird man künftig darüber nachdenken müssen, ob man eine Abfindung für den Verzicht auf ein lebenslängliches Wohnrecht notariell beurkundet und das Recht aus dem Grundbuch löschen lässt. Die Abfindung ist dann zu aktivieren und (regelmäßig mit 2 % pro Jahr) abzuschreiben. Alternativ hierzu kann man auch die laufenden Mietzahlungen des Berechtigten übernehmen. Diese sind dann sofort absetzbare Werbungskosten.

20. Schadensersatz bei Vollziehung eines falschen Steuerbescheids?

Kernaussage
Der so genannte Arrest ist im deutschen Zivilprozessrecht eine Maßnahme zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Der Arrest kann in einem beschleunigten Verfahren vom zuständigen Gericht angeordnet werden. Erweist sich die Vollziehung eines solchen Arrestes als von Anfang an unberechtigt, können Schadenersatzansprüche entstehen. Durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden sind jedoch nicht nach den Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn dem Erlass der Steuerbescheide ein Arrestverfahren vorausgegangen ist, das zur Pfändung einer Forderung geführt hat.

Sachverhalt
Nach einer Betriebsprüfung beim Kläger kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass ein Veräußerungserlös des Klägers als gewerbliche Einkünfte steuerlich zu erfassen gewesen wäre. Das Finanzamt erließ eine Arrestanordnung, die u. a. zur Pfändung eines Wertpapierdepots des Klägers führte. Später entschied der BFH, dass hier der Veräußerungserlös steuerfrei ist. Der Kläger verlangte daraufhin von dem beklagten Land nach den Vorschriften der ZPO Ersatz des Schadens (Kursverluste ab dem Jahr 2001). Der Schaden sei ihm dadurch entstanden, dass sich die Finanzverwaltung im Sommer 2001 weigerte, der Übertragung des Wertpapierdepots des Klägers auf ein "aktiv gemanagtes" Depot bei der Schweizer Bank zuzustimmen. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Der BGH lehnte die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit der Begründung ab, dass durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden nicht nach der ZPO zu ersetzen sind. Die Frage der entsprechenden Anwendung der ZPO musste nicht entschieden werden, da die Vollstreckungsmaßnahmen auf der Grundlage der Arrestanordnung den behaupteten Schaden nicht herbeigeführt hatten. Denn schon im Jahr 2000 ergingen vorliegend Steuerbescheide. Durch diese Steuerbescheide wurde das Arrestverfahren in das normale Vollstreckungsverfahren übergeleitet und als solches fortgeführt. Mithin beruhte der geltend gemachte Schaden nicht auf der Arrestpfändung sondern auf den Steuerbescheiden. Auf kraft Gesetzes sofort vollziehbare Steuerbescheide, deren Wirksamkeit durch die Einlegung eines Rechtsmittels nicht gehemmt wird, ist die ZPO nicht anwendbar. Hierbei geht es um den Vorrang des Allgemeininteresses vor dem Einzelinteresse. Anders zu betrachten sind die Fälle, bei denen jemand einen vorläufigen Titel auf eigenes Risiko vollstreckt.

Konsequenz
Die zivilprozessrechtliche Schadensersatznorm war deshalb nicht einschlägig, weil der Fall nicht anders zu beurteilen war, als wenn die Pfändung des Depots erst bzw. nur aufgrund der Steuerbescheide ausgesprochen worden wäre, es also am Zurechnungszusammenhang zwischen der vorausgegangenen - erledigten - Arrestpfändung und dem geltend gemachten Schaden fehlte.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


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